Schiffsführer auf einem Sportboot

Als Skipper bist Du also verantwortlich für die Navigation, die nautische Führung des Schiffes und die Sicherheit von Schiff und Mannschaft. Klingt überschaubar, oder?

In Wirklichkeit kommt da aber viel mehr auf Dich zu.

Erinnere Dich doch einmal zurück an Deinen letzten Segeltörn. Das Ganze fing wahrscheinlich an mit einer Idee knapp sechs bis neun Monate vor Törnantritt. Du hast eine Crew gefunden, die gemeinsam Segeln gehen möchte. Und Du als Teil dieser Crew wurdest als deren Anführer bestimmt. Dies ist der prägnante Unterschied zwischen Dir als Sportboot-Skipper und dem Kapitän eines Handelsschiffs: Du bist auf der einen Seite der Schiffsführer, auf der anderen aber auch Mitglied der Crew, die Dich zum Skipper bestimmt hat – der primus inter pares, oder Anführer unter Gleichen.

Warum hat Dich Deine Crew als Schiffsführer ausgewählt? In der Regel hat das etwas mit dem Vertrauen zu tun, das alle in Dich setzen. Diesen Vertrauens-Vorsprung hast Du entweder, weil Ihr in dieser Konstellation schon oft miteinander gesegelt seit und die anderen Dich kennen. Oder weil Du viel erzählt hast, die anderen neugierig gemacht, begeistert hast. Zerstöre dieses Vertrauen nicht, Deine Position in der Crew basiert darauf.

Den ersten Schritt habt Ihr genommen: Die Entscheidung steht, miteinander Segeln zu gehen. Damit Du in dem Moment, wenn Ihr an Bord geht, Deiner Verantwortung für Navigation, Nautik und Sicherheit gerecht werden kannst, ist es jetzt wichtig, dass Deine Crew Dir weiterhin vertraut! Denn Du hast keine goldenen Streifen an Deiner Uniform, Du bist nicht gottgegeben als Kapitän gesetzt, sondern Du bist nach wie vor einer aus Deiner Crew, der primus inter pares.

Warum ist es so wichtig, sich dessen bewusst zu sein?

Weil sich mit Deiner Stellung auf dem Schiff vielleicht Hierarchien, die an Land gelten, plötzlich ändern? Weil Deine Familie, Dein Ehepartner, die gewohnt sind, dass alles miteinander besprochen wird, sich Dir plötzlich unterordnen sollen? Du und Deine Freunde, ihr habt zusammengelegt und den Charterpreis für das Schiff gleichermaßen getragen! Warum also soll jetzt einer das Sagen haben? Dieses Spagat musst Du jetzt bewältigen.

Damit es ein schöner Törn wird, ist es ratsam das Gruppengefühl über alles zu schützen. Zerstöre es nicht, indem Du den großen Kapitän Leutnant William Bligh raushängen lässt. Der hätte zwar auf dem Papier die Stellung gehabt, das tun zu können, jedoch hatte er keine Marineinfanterie an Bord, mit deren Hilfe er seine Position de facto hätte gegen die Mannschaft durchsetzen können. In dieser Situation hat er den Fehler begangen, sich während der Fahrt offen gegen die Rädelsführer der späteren Meuterei zu stellen. Letztendlich ist es ihm dabei nicht gut ergangen!

Du befindest Dich in einer ähnlichen Situation. Dein Törn wird in der Regel kürzer sein, als die Fahrt der HMAV Bounty, aber einige Rahmenbedingungen sind dieselben, wie zum Beispiel die für die ganze Crew ungewohnte Enge auf dem Schiff! Das Vertrauen, dass Deine Crew in Dich setzt, ist Dein Vermögen! Erhalte es! Führe Deine Crew ruhig und besonnen, lass keine Zwistigkeiten zwischen Dir und der Crew aufkommen. Die grundlegenden Ratschläge sind:

 

1. Beziehe Deine Crew in Deine Entscheidungen ein
2. Beobachte Deine Crew und versuche Befindlichkeiten zu spüren, bevor sie ausbrechen
3. Zeige Deiner Crew, dass Du in jeder Lebenslage Herr der Situation bist.
4. Gebe Deine Kommandos ruhig aber trotzdem deutlich und nachhaltig
5. Erhebe Deine Stimme nur dann, wenn Gefahr in Verzug ist.

 

Das ist leichter gesagt, als getan. Damit Du das umsetzen kannst, musst Du Dich gut auf den Törn vorbereiten. Deine Aufgaben beginnen nicht erst dann, wenn Du das Schiff übernimmst. Im Vorfeld bereits bist Du Reiseleiter, Kultur-Attache, Modeberater, Seelentröster, Coach und vieles mehr.

Baue den Vertrauens-Vorsprung, den Du erhalten hast aus: durch Kompetenz. Aber denke immer daran: Er ist schneller zerstört als aufgebaut. Trage Deinen nautischen Wissensvorsprung nicht übertrieben zu Tage! Das wirkt aufgesetzt und unnatürlich. Kompetenz zeigst Du, indem Du Dich in den ganz einfachen Situationen als Teil Deiner Crew gibst, Meinungen und Fragen respektierst und darauf ruhig, sachlich und umfassend antworten kannst. Mit anderem Wort: kompetent! Damit verstärkst Du das in Dich gesetzte Vertrauen und schaffst die Grundlage dafür, dass Du in kritischen Situationen auch Anweisungen geben kannst, die keiner mehr hinterfragen wird.

Damit Du das umsetzen kannst, musst Du Dich als Skipper gut auf den Törn vorbereiten. Auf den nächsten Seiten geben wir Dir zunächst Hinweise für Deine Törn-Vorbereitung. Gute Revier-Kenntnis ist ein ganz wesentlicher Vorteil. Darauf gehen wir hier aber nur am Rande ein, denn der Revier-Planung haben wir an anderer Stelle eine Rubrik zugewiesen. Hier konzentrieren wir uns vielmehr darauf, wie Du Dich auf Deine Rolle als Skipper richtig vorbereitest.